Studiengänge für Gestaltung

Zukunftsbegriffe und -vorstellungen sind eng mit kulturellen Ordnungen von Zeit verknüpft. Sie strukturieren gesellschaftliche Erwartungen und Erfahrungen und unterliegen Prozessen historischen Wandels. Westliche Gesellschaften sind wesentlich von einem Zeitregime der Moderne geprägt, für das z.B. Logiken des Zyklischen durch solche der Linearität und des Fortschritts ersetzt worden sind und die Unterscheidung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zum zentralen Strukturelement von Entwicklung wurde. Während Zukunft in der Moderne mit Utopie, emphatischen Heilsversprechen und Optimismus verknüpft wurde, wird sie seit den 1960er Jahren immer häufiger als Bedrohung oder nahende Katastrophe figuriert, der pessimistisch, ängstlich oder orientierungslos entgegengeblickt wird. Zeitgleich boomen von der Zukunftsforschung über den Finanzkapitalismus bis hin zur Entwicklung von KI-Technologien Praktiken prädiktiver Spekulation, die Zukunft in der Gegenwart zu regieren versprechen. 

Insofern Zukunftsvorstellungen nicht zuletzt zwischen Realität und Fiktion zu verorten sind, stellt sich die Frage nach der Mitwirkung der Künste an der (Re-)Produktion von Zukunftsbildern und Zukunftsnarrativen. Welche dominanten Zukunftsvorstellungen finden sich in den Gegenwartskünsten? Wie ist ein neues Interesse am Utopischen einzuordnen? Welche Rolle spielen veränderte Wahrnehmungen von Zeit beim Gestalten des Zukünftigen? Wie positionieren sich Kunst und Design zur Pluralität streitbarer Zukunftsentwürfe in einer vielfältigen Gesellschaft? Was bedeutet Zukunftsfähigkeit im Kontext von Kunstproduktion und Prozessen institutionellen Wandels? Zur Diskussion dieser und weiterer Fragen sollen Konzepte wie Präfiguration, futurability, Zukunftsgenossenschaft, Chrononormativität oder premediation vorgestellt und vertieft werden.


Körper mit Behinderungen bzw. mixed abilities sind in den Künsten – auf wie hinter den Bühnen – immer noch nicht selbstverständlich. Ableistische Ausbildungsstrukturen und Leistungsimperative ebenso wie die Beharrlichkeit normativer Rollen- und Körperbilder erschweren gleichberechtigte Teilhabe und eine zeitgemäße Repräsentation gesellschaftlicher Vielfalt, insbesondere im Feld der performativen Künste. Ausgehend von den künstlerisch-aktivistischen Arbeiten von Michael Turinsky, Dan Daw und Claire Cunningham, der kuratorischen Arbeit von Anna Mülter, Nina Mühlemann und Noa Winter sowie der anglophonen Crip Theory (Alison Kafer, Robert McRuer, Carrie Sandahl, Margaret Price u.a.) führt das Seminar in das Feld der Dis_ability Aesthetics ein.

Inwiefern fordern Dis_ability Aesthetics etablierte Kategorien des Ästhetischen heraus, worin liegt ihre Widerständigkeit? Welche normativen Verständnisse von Raum, Zeit und Körper werden mittels crip und queer-theoretischen Zugängen kritisiert? Wie werden neue Beziehungsweisen gegenseitiger (Für-)Sorge als Basis von Kunstproduktion denkbar? Was versteht man unter Aesthetics of Access? Wie lassen sich ableistische Strukturen in Hochschulen und Kulturbetrieben crip-friendly und nachhaltig umbauen? Fragen wie diese sollen theoretisch wie praktisch angegangen und nicht zuletzt mit Gästen und Akteuren aus dem Feld gemeinsam erörtert werden.


Gefühle, Emotionen und Affekte sind als wesentliche Bestandteile von Sozialität immer schon auch zentrale Kategorien der Kunstphilosophie. Kunstwerke affizieren Körper, verdichten Stimmungen, erzeugen Emotionen und lösen individuelle Empfindungen aus. Auf diese Weise wirken sie an der (Re-)Produktion von normativen Gefühlsregeln und Emotionsrepertoires ebenso mit wie sie es Rezipierenden ermöglichen, Emotionen und Affekte in ihrem strukturellen Erzeugtsein selbst begreifen zu lernen. Entlang von Schlüsseltexten aus der Kunst-, Sozial-, Kultur- und Medienwissenschaft führt das Seminar in die interdisziplinäre Emotions- und Affekttheorie ein. Dabei stellen sich Fragen nach der methodischen und theoretischen Unterscheidung von Gefühl, Emotion und Affekt, nach dem Verhältnis von Affekt, Macht und Subjektivierung sowie nach den Wirkungsdynamiken von Affekten in medientechnologischen Umgebungen über die Künste hinaus. Gemeinsam soll im Verlauf des Semesters ein Alphabet der Emotionen und Affekte entstehen, das den Einfluss von Affektivität und Emotionalität bei Wissenserwerb und -generierung kreativ mitreflektiert.

Der Reiz des Immersiven verbirgt sich im Versprechen intensiver Grenzerfahrungen. Symptomatisch ist dabei das Eintauchen in eine vermeintlich ‚andere‘ Welt, in eine durchgestaltete Umgebung, die den Körper mit allen Sinnen adressiert. Als vielgestaltiges ästhetisches Schwellenphänomen spielt Immersion mit dem temporären Verlust von Zeit- und Raumempfinden ebenso wie mit der Unentscheidbarkeit zwischen Realität und Fiktion, zwischen Wirklichkeit und Simulation, zwischen Fakt und Fake, zwischen Authentizität und Inszenierung. Das Seminar führt in die interdisziplinäre Immersionsforschung ein, indem konkrete Immersionserfahrungen in Film, Theater, VR, Game, Architektur, Simulation und Alltag an selbst gewählten Beispielen aufgefächert werden. Davon ausgehend, lädt es dazu ein, insbesondere das Vereinnahmungspotential immersiver Mediendispositive kritisch zu reflektieren.