Wenn eine neue Technik entwickelt wird, dauert es meist nicht lange, bis ihre Konsequenzen für Mensch oder Kultur betont werden – sei es als optimistische Verheißung von Fortschritt, als pessimistische Erwartung einer Regression oder als grundsätzlicher Zweifel an ihrem Nutzen: So galt manchen der Webstuhl als Bedrohung manueller Fertigkeiten, das Aufkommen von Schreibmaschinen als Verschlechterung des Journalismus, der Gebrauch von Büchern als Verlust geistiger Fähigkeiten oder umgekehrt die Abkehr vom Lesen als Verdummung; Cyborgs als Emanzipationsmöglichkeit vom biologischen Geschlecht; Panzer als Spielzeug ohne praktische militärische Konsequenzen oder Flugzeuge als reine Sportgeräte. Mögen derartige Prognosen (retrospektiv) bisweilen oft verkürzt oder seltsam erscheinen, so zeigt sich in solchen Erzählungen von Technik zwischen Tragödie oder Romanze stets auch etwas vom Selbstverständnis, der Struktur oder dem Wertsystem einer Gesellschaft.
Ein Blick in die Geschichte der Technik offenbart dabei nicht nur, dass Technik und ihr Gebrauch unerwartete Wendungen zeitigt, die oft von den antizipierten Konsequenzen abweichen, sondern auch, wie eng Technik und Kultur miteinander verwoben sind. Oft genug in Opposition zueinander gesetzt und im Henne-oder-Ei-Modus befragt, ob Technik die Gesellschaft oder Gesellschaft die Technik beeinflusse, stellt sich das Verhältnis des Menschen zur Technik als ein so fundamentales dar, dass von einer technischen Kultur (Heßler) gesprochen werden muss.
Auch Fotografie als ein im engeren Sinne technisches Bildmedium kennt viele solcher Diskurse: Fotografie als Technik, die Maler zu ersetzten drohte, als objektives Speichermedium, dass materielle Welt scheinbar selbst überflüssig mache, Fotografie als manipulatives oder subversives politisches Kommunikationsmittel, dass gesellschaftliche Ungleichheiten reproduziert oder unterläuft; Als Verfahren, dass optimiert und auf formalästhetische Bedürfnisse hin zugerichtet wird oder als überholte Technik, die von anderen Erzeugungsweisen abgelöst werde. Wenn (bildgebende) Technik zentral für unsere visuelle Kultur ist, dann ist ein Blick auf die Modi der Kritik ebenso unabdingbar.
Doch was genau ist eigentlich Technik und wie hängen Technik, Kultur und Gesellschaft zusammen? Was sind zentrale Themen, Vorstellungen und Funktionen von Technikkritik? Wie wird fotografische Technik kritisiert, in Wort und Text, aber auch mit ihren eigenen Mitteln?
Gemeinsam lesen und diskutieren wir einerseits grundlegende Positionen aus der Geschichte der Technikkritik sowie aus dem Kontext fotografsicher Bilder, anderseits werden die Thesen und Argumente in Reibung zu aktuellen fotografischen Arbeiten gebracht, die sich von kritisch bis affirmativ mit bildgebender Technik beschäftigen. Ein abschließender Teil Seminars beinhaltet die Teilnahme am 3. Essener Symposium für Fotografie am 4. und 5.02.2025, an dem einige der zentralen Fragestellungen des Seminars im Hinblick auf die Zukünfte des Fotografischen perspektiviert werden.
Studienleistung ist a) ein Impulsreferat, in dem die Teilnehmenden ein thematisch relevantes Material vorstellen und besprechen, und b) die Lektüre der texte und aktive Teilnahme am Seminargespräch. Prüfungsleistung ist das Verfassen eines kurzen Essays zu einem selbstgewählten Thema im Kontext des Seminarthemas.- Lehrkraft: Jakob Schnetz
Die
Veranstaltung zielt darauf ab, Fotobücher in all ihren Facetten systematisch zu
analysieren: Gestaltung, Typografie, Größe, Materialität, Haptik, Text, Bilder
und Bildfolge, Editionsgeschichte. Daneben werden wir uns mit Fragen der
jeweiligen Zeit sowie des jeweiligen Inhalts / Themas beschäftigen und tief
gehende Recherchen anstellen.
- Lehrkraft: Elisabeth Neudörfl