Mit der Entstehung von Popmusik als Absatzmarkt für materielle Tonträger im Unterschied zum vormaligen Handel mit Partituren erweiterte sich auch die Idee von Popmusik von einer musikalisch verstandenen Klanglichkeit hin zu einer an die massenmediale Zirkulation von Bildern, Performances und technisch reproduzierbaren Klangaufnahmen geknüpften multimedialen Praxis. Musikalische Elemente wie Melodie, Harmonie und Rhythmus konnten so auf einmal mit von unterschiedlichen Medienkanälen (Fernsehen, Zeitschriften, Album-Cover etc.) getrennt voneinander kommunizierten Informationen zusammengefügt und rezipiert werden. Dass unter den aktuellen Bedingungen von Musik-Streaming-Angeboten der Absatz nicht-digitaler Tonträger zwar kontinuierlich schrumpft, jedoch auch die Möglichkeiten neuer Öffentlichkeiten über lokal-analoge Musikszenen hinaus zunehmen, kann daher als ein spezifischer Effekt des Zusammenwirkens von Markt, Technologie und Medienkonsum im Kontext popmusikalischer Produktion angesehen werden.

Das Seminar versteht sich als Einführung in medien- und kulturtheoretische Positionen der Theoriebildung von Popmusik und fragt, welches Verständnis von Kunst aus dem spezifischen „Medienverbund“ (Diedrich Diederichsen), den Popmusik beschreibt, folgt. Hebt eine hybride, multimediale Kunstform wie Popmusik die Vorstellung einer einheitlichen, aus verschiedenen Genres, Disziplinen und Praktiken bestehenden Kunst (und damit jeden Begriff von Kunst) auf? Oder lässt sich Popmusik, gerade weil sie eine eigenständige Kunstform darstellt, von anderen menschlichen Tätigkeiten umso zuverlässiger unterscheiden?

Ziel des Seminars ist ein methodisch-kritischer Überblick über zeitgenössische kunst- und medienbezogene Theorien und Praktiken an den Übergängen von Popmusik, bildender Kunst und Kino.

Da sich politische Mehrheitsverhältnisse in Kultur „als einer Produktion von geteilten, gemeinsamen Bedeutungen“ (Stuart Hall) ausdrücken, werden auch popkulturelle Praktiken als Formen des politischen Streits um Macht und Herrschaft beschreibbar: sei es, weil sie diesen Streit explizit machen (z. B. Musik von Klein, Filme der L.A. Rebellion, Serien wie „Atlanta“ oder Romane von Virginie Despentes); sei es, weil ihre ästhetische Form indirekt mit bestimmten Macht- und Herrschaftsverhältnissen korrespondiert oder diesen entgegenläuft. Wie können soziale Teilungen (rassistische, klassenmäßige, sexistische u. a.) als und in der Kritik von Popmusik thematisch werden?

Das Seminar möchte grundlegende Texte zur Herrschaftskritik in intersektionaler Perspektive, das heißt unter Berücksichtigung jeweils verschiedener miteinander verbundener Formen von Macht und Herrschaft diskutieren. Nicht zuletzt soll es dabei auch darum gehen, mögliche Kriterien zur Unterscheidung von Pop und Populärem zu etablieren, um die Grenze zwischen denen, deren gesellschaftliche Teilhabe durchgesetzt ist, und denen, die von den jeweils Herrschenden unterdrückt oder ignoriert werden, an Fragen nach der künstlerischen Form eines jeweiligen Songs, Films, Live-Auftritts etc. rückzubinden.

Ziel des Seminars ist ein methodisch-kritischer Überblick über historische wie zeitgenössische Formen der Herrschaftskritik im Kontext popkultureller Praktiken.